Durchschnittliche Stadttheater-Produktion der oft gespielten Horror-Musical-Parodie. Originellen Regieeinfällen und einem sehenswerten Bühnenbild stehen durchwachsene Darstellerleistungen und eine müde musikalische Interpretation gegenüber.
Theaterkooperationen sind in Deutschland schon länger an der Tagesordnung – Koproduktionen mehrerer Häuser oder Tourneen von regionalen Landestheatern sparen Geld und bewahren auch mal ein Haus vor der Schließung. Die Kooperation zwischen dem Chemnitzer und dem Darmstädter Theater fällt hier etwas aus dem Rahmen: nicht die Inszenierung oder das Ensemble, sondern das Bühnenbild wurde nach der Chemnitzer Derniere von “Der kleine Horrorladen” am 17. März auseinander gebaut und ans Darmstädter Staatstheater gebracht.
Walter Schützes fast originalgetreue Nachbildung der Filmkulisse von 1986 passt dem Kleinen Haus wie angegossen. Im ersten Stock der schmutzigbraunen Häuserwand halbversteckt die Band, der Blumenladen fährt bei Bedarf von rechts auf die Bühnenmitte, die heruntergekommene Atmosphäre der Skid Row kommt gut rüber. Einzig eine neue Pflanze bekam Darmstadt: Ein wahres Monstrum, um die vier Meter hoch und – im Gegensatz zu den meisten landauf, landab anzutreffenden Exemplaren – mit riesigen, eindrucksvollen Glubschaugen ausgestattet.
Regisseur Daniel Ris, selbst in der Saison 1998/99 am Theater Konstanz als Seymour zu sehen, inszeniert den Klassiker konventionell, sorgt aber mit kleinen, witzigen Einfällen dafür, dass auch Horrorladen-erfahrene Zuschauer ihren Spaß haben: Wenn Seymour aus der Gießkanne trinkt oder den Anfang von “Jetzt, mach’ es jetzt” mit Mundspanner singt, ist das zwar nicht revolutionär, zeigt aber, wie liebevoll Ris mit dem zeitlosen Stoff umgeht.
Leider können seine Darsteller da nicht ganz mithalten. Tom Wild als Seymour spielt passabel, kann aber in der Rolle – was zugegebenermaßen auch schwierig ist – keine Akzente setzen. Außerdem trifft er gerade bei leisen Passagen nicht jeden Ton. Dass Christina Kühnreich die Audrey selbstbewusst und fast burschikos gibt, ist vielleicht noch Geschmackssache – dass sie aber bei “Im Grünen irgendwo” und “Jetzt hast du Seymour” in den Höhen regelmäßig in die Kopfstimme wechselt, in eigentlich intensiven, lauten Passagen aus Unsicherheit leiser wird und noch dazu große Intonationsprobleme hat, ist nicht zu verzeihen. Dagegen kann Gerd Wölfle in der Rolle des Mr. Mushnik mit kraftvollem Bariton und großartig kauzigem Spiel voll überzeugen. Das Darmstädter Urgestein Hubert Schlemmer spielt den Zahnarzt im weißen Lederdress derart überzogen, dass man als Zuschauer manchmal kurz davor ist, peinlich berührt in den Sessel zu rutschen.
Die drei Soulgirls Marie Smolka, Jeanette Friedrich und Sarah Rögner singen gut, wirken allerdings bei Daniel Ris noch mehr als in anderen Inszenierungen wie Fremdkörper auf der Bühne. Das liegt vor allem daran, dass Ris alle Textpassagen, in denen sich einer der anderen Schauspieler direkt an sie wendet (z.B. “Müsst ihr nicht in der Schule sein?”) komplett gestrichen hat; dadurch sind die Girls nicht “in” der Geschichte, sondern kommentieren die Geschehnisse. Dieses Konzept geht nur dort auf, wo sich die drei räumlich vom Rest des Ensembles absetzen, also auf der anderen Seite der Bühne oder im ersten Stock der Häuserwand stehen. Oft genug aber sind sie “mittendrin”, tanzen beispielsweise mit den anderen – hier hat Ris die eigentlich gute Idee nicht konsequent genug umgesetzt.
Gesanglich hinterlässt Jan-Andreas Kemna den stärksten Eindruck. Er leiht der Pflanze seine Stimme, interpretiert deren Songs mit Volumen und Witz und erhält beim Schlussapplaus die Gelegenheit, eine deutsche Kurzversion des nur im Film vorkommenden Songs “Mean Green Mother from Outer Space” zum Besten zu geben.
Die Stärke des “Horrorladens” ist neben Howard Ashmans schwarzhumorigem Buch die rockige Musik von Alan Menken. Leider fehlt es der Band unter der Leitung von Michael Erhard an Schwung und Dynamik, man nimmt statt der einzelnen Instrumente oft nur einen Klangteppich wahr, der zwar die Sänger gut unterstützt, aber Menkens Kompositionen den Zahn zieht. Die Songs zünden nicht so, wie bei zügigerem Tempo und mehr Mut zum Rock’n’Roll möglich wäre; hin und wieder stimmt auch einfach das Timing zwischen Band und Sängern nicht. Dies ist vor allem bei Ensemblenummern wie dem Titelsong zu Beginn ein Problem. Beim Finale macht sich außerdem negativ bemerkbar, dass nur acht Darsteller auf der Bühne stehen – ein kraftvoller, mitreißender Abschluss hört sich anders an.
Fazit: Kein großer Wurf, den Horrorladen hat man schon besser gesehen. Dem Darmstädter Publikum aber gefällt’s, und nur das zählt.
Do, 05.04.2007 19:30 | Staatstheater, Darmstadt | Premiere |
Fr, 13.04.2007 19:30 | Staatstheater, Darmstadt | |
Fr, 27.04.2007 19:30 | Staatstheater, Darmstadt | |
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So, 13.05.2007 16:00 | Staatstheater, Darmstadt | |
Do, 07.06.2007 19:30 | Staatstheater, Darmstadt | |
Mi, 20.06.2007 19:30 | Staatstheater, Darmstadt | |
Di, 23.10.2007 19:30 | Staatstheater, Darmstadt | |
Fr, 26.10.2007 19:30 | Staatstheater, Darmstadt | |
Di, 13.11.2007 19:30 | Staatstheater, Darmstadt | |
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