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Ganz zu Recht legte das Hamburger St. Pauli Theater bei der Werbung für seine aktuelle “Cabaret”-Inszenierung viel Wert darauf, ein Schauspiel-Ensemble zusammengestellt zu haben, das auch singen kann. In der Tat ist es eine wunderbare Truppe, die den Zuschauern die Verwicklungen in und um den Kit-Kat-Club im Berlin des aufkommenden Nationalsozialismus darbietet.
Star des Abends ist der aus dem Fernsehen bekannte Gustav Peter Wöhler (“SK Kölsch”) als Confèrencier. Mit starkem Spiel, toller Stimme und lausbübischem Charme entführt er das Publikum in die Nachtclub-Szenerie, wo Sally Bowles die Bühne beherrscht. Es war eine Überraschung, dass neben den erfahrenen Darstellern aus der Hamburger Theater-Szene eine Newcomerin frisch von der Münchner Falckenbergschule für diese anspruchsvolle Rolle engagiert wurde. Doch Anneke Schwabe macht schnell deutlich, warum die Wahl auf sie fiel. Mit nuancenreichem Spiel lotet sie die extremen Emotionen aus, zwischen denen Sally hin und her schwankt. Ihre Gesangsstimme ist gut, aber nicht zu stark, was der Rolle gerecht wird; schließlich war der Kit-Kat-Club bei weitem nicht die beste Adresse Berlins.
Der Amerikaner Cliff Bradshaw, in den Sally sich verliebt, wird von Mario Ramos gespielt. Auch ihm gelingt es vorzüglich, die unterschiedlichen Gefühle, die Cliff durchlebt, darzustellen: Vom zurückhaltenden Neuankömmling in einer fremden Stadt, über die rosarote Phase, in der er unter Sallys Zuwendung sichtlich auftaut, bis zur bitteren Enttäuschung als er am Ende doch wieder allein dasteht.
Die zweite Liebesgeschichte des Abends widerfährt Frl. Schneider, Cliffs Pensionswirtin, und dem jüdischen Obsthändler Herrn Schulz. Die kleinen Stolpersteine, die im ersten Akt auf ihrem Lebensweg liegen, meistert Frl. Schneider mit betulichem Humor. Als schließlich ihr Liebesglück von der braunen Macht bedroht wird, lässt sie den Verstand über das Herz gewinnen. Den Schmerz darüber merkt man ihr deutlich an, doch Elisabeth Schwarz stellt überzeugend dar, dass sich Frl. Schneider nicht vom Kummer mitreissen lässt. Das Leben geht für sie weiter.
Peter Franke kümmert sich als Herr Schulz liebevoll um seine Herzensdame. Gefasst akzeptiert er schließlich ihre Entscheidung, die Beziehung zu beenden, und zieht sich still zurück. Mit subtiler Schauspielkunst lässt er Gesten und Blicke viel mehr sprechen als Worte.
Auch an der Musiker-Front ist alles im grünen Bereich. Die jazzige Partitur ist bei der sieben-köpfigen Band unter Leitung von Matthias Stötzel in besten Händen. Zwischendurch dürfen die Musiker auch in den Dialogszenen in den Vordergrund treten, wenn etwa Frl. Kost (deutlich aufgewertet durch Anne Webers energisches Spiel) mal wieder Matrosen aus ihrem Zimmer schmuggeln will. Ansonsten sitzt die Band im hinteren Teil der Bühne auf verschiedenen Ebenen, was leider den Spielraum auf der ohnehin schon recht kleinen Bühne des St. Pauli-Theaters reduziert. Doch Ausstatter Raimund Bauer hatte schöne Ideen für die beengten Verhältnisse. Im Hintergrund hängt während der gesamten Aufführung ein Vorhang aus Sektgläsern, der -violett angestrahlt- eine mondäne Stimmung verbreitet. Wenige Requisiten reichen, um verschiedene Spielstätten anzudeuten: Ein frei bewegliches Türenportal wird sowohl in Frl. Schneiders Pension eingesetzt, als auch auf der Kit-Kat-Bühne, wo es in eine der vielen gelungenen Choreographien von Rica Blunck integriert wird. Für die Szene im Obstladen werden Bananenstauden von der Decke heruntergelassen.
Die Kostüme der Kit-Kat-Girls (verantwortlich: Ilse Welter) sind einen Tick zu schön geraten. Eine zerrissene Strumpfhose oder ein eher abgetragener Glitzerfummel hätten die Zweitklassigkeit des Etablissements deutlicher unterstrichen. Aber das ist eine Nebensächlichkeit in dieser Inszenierung, der die sichere Hand des Regisseurs Ulrich Waller in jeder Minute anzumerken ist. Auf eine knackige Spieldauer von zwei Stunden hat er das Stück gekürzt und damit für drastische Schnitte gesorgt, die Spannung ins Geschehen bringen. Der Conferencier ergötzt sich zum Beispiel in vielen anderen Inszenierungen an breitgetretenen Versuchen mit dem Publikum zu flirten. In dieser Produktion wurden seine Auftritte so gestrafft, dass sie immer noch sehr charmant rüberkommen, ohne jedoch selbstverliebt zu wirken.
“Cabaret” gehört zu den Standardmusicals auf deutschen Bühnen. Dennoch lohnt es sich, diese Aufführung anzuschauen, egal ob man Wiederholungstäter oder Neuling ist. Dafür sorgt ein tolles Ensemble in einer gut durchdachten Inszenierung.
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KREATIVTEAM |
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Regie | Ulrich Waller |
Bühnenbild | Raimund Bauer |
Kostüme | Ilse Welter |
Musikal. Leitung | Matthias Stötzel |
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CAST (AKTUELL) |
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Conferencier | Gustav Peter Wöhler Boris Aljinovic |
Sally Bowles | Anneke Schwabe |
Cliff Bradshaw | Mario Ramos |
Frl. Schneider | Elisabeth Schwarz Angela Schmid |
Herr Schulz | Peter Franke |
Ernst Ludwig | Timo Klein |
Frl. Kost | Anne Weber |
Zöllner | Gerhard Garbers |
Zeitungsjunge | Maxi Schmitz |
Kit-Kat-Girls | Sonja Gründemann Katharina Mittermeier Bettina Roepkes Kai-Maren Taafen Katrin Wasow |
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TERMINE |
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keine aktuellen Termine |
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TERMINE (HISTORY) |
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