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Berlin, kurz vor der Machtübernahme der Nazis: Sally Bowles, Star im Kitkat-Club, wird von der politischen Realität eingeholt. Haben Außenseiter und Andersdenkende noch eine Chance?
Aus dem Dunkel heraus schnauft eine Dampflokomotive frontal in Richtung Publikum und kommt quietschend zum Stillstand. Dem Vehikel entsteigt lächelnd der Conférencier und stimmt das berühmte “Willkommen, bienvenue, welcome” an. Mit dieser zündenden Idee bringt Wolfgang Hofmann seine Inszenierung auf volle Touren und leitet auch gleich noch geschickt zum nächsten Schauplatz über. Denn mit nur einem einzigen Dreh der Lok erscheint das Zugabteil, in dem Clifford Bradshaw Richtung Berlin unterwegs ist. Wenn er zum Ende der Vorstellung dort wieder einsteigt und Deutschland per Bahn den Rücken kehrt, mag sich der ein oder andere Zuschauer verstört fragen: “Warum eigentlich? Es war doch ganz nett dort”.
Dass in “Cabaret” eigentlich der braunste Punkt der deutschen Vergangenheit im Vordergrund steht, scheint den Regisseur wenig zu interessieren. Er will sein Publikum unterhalten und portraitiert das verruchte Berliner Nachtleben der dreißiger Jahre. Nazis stören in diesem Konzept und werden als Randerscheinung auf die Bühne gestellt – und das immerhin ganze zwei Mal! Zum Einen lungern auf der Verlobungsfeier von Fräulein Schneider und Herrn Schultz zwei junge Burschen in hellen Trenchcoats mit Hakenkreuzarmbinden in einer Ecke des Obstgeschäfts herum. Viel wichtiger sind dem Regisseur in diesem Moment jedoch die beiden Kit-Kat-Klub-Girls, die sich lustvoll vor den Augen des Publikums im Vordergrund küssen. Einen weiteren Kurzauftritt haben die Nazi-Schergen, wenn sie Clifford zusammenschlagen. Selbstverständlich dezent in den Bühnenhintergrund verbannt.
Mit seinem Regieansatz entzieht Hofmann dem Stück jegliche inhaltliche Substanz und reduziert das Musical auf einen bunten Bilderbogen über die ausklingende Weimarer Republik. Wichtige Auftritte verpuffen ohne Wirkung. So zum Beispiel der Song des Conférenciers mit dem Gorilla-Mädchen, hier als putzige Affen-Tanzeinlage dargestellt. Der inhaltliche Bezug zur Mischehe zwischen einer Deutschen und einem Juden bleibt auf der Strecke und ruft im Publikum Heiterkeit hervor. Dabei scheint Aufklärung bitter nötig. Es ist schon sehr befremdlich, wenn Premierenzuschauer sich darüber amüsieren, wenn dem jüdischen Obsthändler eine Schaufensterscheibe eingeschlagen wird.
Zur Illustration des Unterhaltungskonzeptes hat sich gleich das gesamte Theater in den Kit-Kat-Club verwandelt: Über dem Eingang funkelt eine Leuchtreklame, die Damen vom Garderoben- und Einlassdienst tragen Häubchen mit dem Namen des Nachtlokals und im Zuschauerraum sind die üblicherweise weißen Birnen in den Lampen durch rote ersetzt worden. Ausstatter Peter Friedrich hat auf die offene Bühne ein glitzerndes Revuetheater gestellt, hinter dessen Vorhang sich die jeweiligen Spielorte verbergen. Ebenfalls prächtig sind die Kostüme von Esther Bätschmann, die damit den Schick der dreißiger Jahre und des Tingeltangel-Milieus stimmungsvoll einfängt.
Als problematisch erweist sich die “reduzierte Orchesterfassung” von Chris Walker. Einige der ursprünglich sehr jazzigen Songs von John Kander hören sich bei der Bremerhavener “Kit-Kat-Klub-Band” unter dem Dirigat von Christoph Hornischer so walzerselig und zuckersüß an, als würden sie einer Operette entstammen. Besonders schlimm hat es dabei den Showstopper “Money makes the world go around” getroffen, der so behäbig klingt, dass man ihn kaum wieder erkennt.
Im Bremerhaven ist “Cabaret” eine Produktion des Schauspiel-Ensembles, in dem einige verborgene Musical-Talente schlummern. So überrascht Kathrin Diele sowohl stimmlich als auch im Tanz. Als blonder Vamp Sally Bowles schmeißt sie sich an die Männer heran und hat dabei eigentlich nur ihre Karriere im Kopf. Gleich bei ihrem ersten Auftritt (“Don’t tell mama, what you know”) legt Diele gemeinsam mit den sechs Kit-Kat-Klub-Girls einen frechen Striptease (Choreografie: Matthias Brühlmann) hin, der unterstreicht, warum gerade sie der Star des Etablissements ist. Aber auch in leiseren Momenten, überzeugt die Darstellerin auf der ganzen Linie. Ihr ebenbürtig ist Markus Schneider als Clifford Bradshaw, der diese eigentlich undankbare Rolle durch sein intensives Spiel aufwertet und so dem jungen Schriftsteller glaubhaft ein klares Profil verleiht. Blass bleibt dagegen Guido Fuchs (Conférencier), der seine Songs und Tänze zwar solide meistert, der wahre Funke mag jedoch nicht so recht überspringen. Vielleicht liegt es auch nur daran, dass er von der Regie allein gelassen wird und eigentlich nur nett sein darf. Ein Kabinettstückchen gelingt Kay Krause, der sich als Herr Schultz um das Herz der Pensionswirtin Fräulein Schneider bemüht. Hella-Birgit Mascus interpretiert ihre Rolle sehr gut, wirkt aber rein optisch nicht wie die alte Jungfer, die sie eigentlich verkörpern soll. Maskenbildner Raimond Otterbein-Bruhn hätte sie ruhig um einige Jahre altern lassen können.
“Leave your troubles outside”. Diese Bitte, vorgetragen vom Conférenciers zu Beginn des Stücks, hat der Regisseur leider zu wörtlich genommen und “Cabaret” den Großteil des inhaltlichen Anspruchs ausgetrieben. Übrig geblieben ist Unterhaltung pur ohne jegliche Botschaft. Das ist für dieses Stück entschieden zu wenig.
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KREATIVTEAM |
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Inszenierung | Wolfgang Hofmann |
Musikalische Leitung | Christoph Hornischer |
Choreografie | Mathias Brühlmann |
Bühnenbild | Peter Friedrich |
Kostüme | Esther Bätschmann |
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CAST (AKTUELL) |
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Sally Bowles | Kathrin Diele |
Conférencier | Guido Fuchs |
Clifford Bradshaw | Markus Schneider |
Enrst Ludwig | Matthias Pantel |
Fräulein Schneider | Hella-Birgit Mascus |
Fräulein Kost | Heike Eulitz |
Herr Schultz | Kay Krause |
Zollbeamter | Günter Pirow |
Kit-Kat-Klub-Girls | Janine Buck Stefanie Diekhoff Martina Meier Josefine Nickel Cornelia Scheidter Mirjam Wolf |
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TERMINE |
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keine aktuellen Termine |
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TERMINE (HISTORY) |
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