Das vermusicalte Leben des Märchenkönigs lief einige Zeit recht erfolgreich in Füssen, bis vor allem die Asienkrise zu massiven Besucherrückgängen führte. Während dort mittlerweile eine neue Version gespielt wird, zeigt das Deutsche Theater die erste Neuinszenierung der opern-nahe Fassung von Franz Hummel, Stephan Barbarino und Heinz Hauser.
Der Kini ist tot. Und die Zuschauer in München lachen sich darüber tot.
Kein Wunder, wenn sie durch ihre 3D-Brillen beobachten können, wie Ludwig II. – an einem unfreiwillig sichtbaren Seil hängend – zwischen Clownfischen, Delfinen und Orca-Walen im Starnberger See untergeht, und kurz darauf ins Sternen übersäte All entschwebt.
Sehnsucht nach der Parodie? Bitte sehr, es gibt noch mehr: zum Beispiel die drei verführerischen Nymphen exotischer Herkunft (Janine Conley, Nahoko Fort und Anna-Tania Horn), Musen des Königs, die die ganze Zeit über nicht nur bayrisch, sondern auch opernhaft-unverständlich singen.
Auch die Mischung aus Riverdance und Lederhosen-Platter (Choreographie: Pascale-Sabine Chevroton), die dem bekifften König zur Unterhaltung in Schloss Linderhofs Maurischem Kiosk dargeboten wird, kann man kaum ernst nehmen.
Bestenfalls drollig ist das bayrisch trällernde Kabinett des Königs, possierlich dargestellt von Winfried Hübner, Willy Beck und Florian Münzer, das ständig von der Musik übertönt wird. Von Konrad Wipps als martialischer, kugelrunder, berlinernder Reichskanzler Bismarck ganz zu schweigen…
Wipp ist dem Publikum im zweiten Akt noch bestens bekannt, konnte man ihn doch im ersten Akt schon in einer kurzen Sequenz aus Wagners Nibelungen als vollschlanken Siegfried bewundern, in der er es mit Drachen und Rheintöchtern aus Pappmaché aufnahm, während Richard Wagner sich hinter den Kulissen mit Cosima von Bülow vergnügte. Letzteres veranlasst Ludwig übrigens dazu, die Männerfreundschaft mit Wagner zu beenden, was dem Publikum dann die trefflich bezeichnete “Weltschmerz-Arie” beschert.
Trotz der teilweise ungewollten Komik, hat die Aufführung auch ihre Lichtblicke. Dazu gehören der Bariton Jon G. Goldsworthy, der einen kultivierten König Ludwig abgibt, sowie Gabriele Schmid als recht zickige Sissi, deren Duette mit Cousin Ludwig zwar etwas schnulzig klingen, stimmlich aber makellos präsentiert werden.
Katy Schröder als Sissis Schwester Sophie ist ein Hochgenuss. Ihre operettenhaft-spritzige Musikzimmerszene, in der sie Ludwig mit ihrem überspitzten Gesang in die Flucht treibt, sorgt für viel (gewollten) Spaß im Publikum. Ebenso filmreif ist ihr Happy End mit dem Hoffotografen Hanfstaengel (elegant dargestellt von Tenorino Martin Sommerlatte): Das junge Glück steigt in einen Flügel und schließt den Deckel über sich.
Die Verschmelzung von Marc Deggellers höfischen Bühnenbildern mit den luxuriösen virtuellen Welten auf der Leinwand macht süchtig: Kaum hat man die 3D-Brille aufgesetzt, die es kostenlos am Eingang gibt, schon schwebt man durch Prachtsäle und wandert mit Ludwig und Wagner übers Dach der Residenz und durch den fantastischen Wintergarten mit seinen Kokospalmen, Blumen, Vögeln und sogar einem trompetenden Elefanten.
Letztlich bleibt aber noch ein noch ein Manko im Ohr haften: die unbefriedigende Tontechnik. Dem kleinen Orchester unter der Leitung von Bartholomew Berzonsky werden beispielsweise die Streicher und die Tutti des Chores vom Band zugespielt. Eine solche Elektronisierung des Klanges ist und bleibt im Musiktheater nicht mehr als eine Notlösung.
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