Gino Emnes, Judith Caspari, Willemijn Verkaik, Patricia Meeden, Wilhelm Keitel, Lars Redlich, Romina Langenhan, Drew Sarich, Andreas Bongard (v.l.n.r.) © André Böke
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“Disney in Concert” verspricht Jahr für Jahr ein musikalisches Erlebnis voller Nostalgie und großer Gefühle, verpackt in einem Arenen füllenden Konzertformat, ausufernd orchestriert und garniert mit Topsolisten der Musicalszene. In diesem Jahr begeistert vor allem die Riege der Sängerinnen und Sänger, die ihrem großen Namen alle Ehre macht.

Wie jedes Jahr schickt der Mega-Konzern Disney in Kooperation mit Semmel Concerts wieder das Hollywood Sound Orchestra und ausgewählte Solisten unter einem Motto auf Arenatournee. Believe in Magic ist 2024 der Aufhänger für das Konzertformat, was der berühmten Disney-Magie Rechnung tragen soll. Das gelingt auch über weite Teile durch die Songauswahl für die diesjährige Tour: Viele Lieder beinhalten Magie als Thema oder werden in ihren Ursprungsfilmen von magischen Charakteren gesungen. Für etwa ein Drittel der Lieder des Abends ist der rote Faden, der sich eigentlich am Motto entlang bewegen sollte, aber trotz interpretatorischer Spagatversuche nicht erkennbar.Im Notfall kann wohl jedem Lied des Animationsstudios besagte Disney-Magie attestiert werden, mag es noch so profan daherkommen. Das Gefühl einer etwas wahllosen Aneinanderreihung ohne erkennbaren thematischen, dramaturgischen oder chronologischen Aufbau legt sich daher aber leider nicht.

Davon abgesehen erwartet den Zuschauer ein spektakuläres musikalisches Erlebnis, das durch das übergroße Hollywood Sound Orchestra unter der virtuosen Leitung von Wilhelm Keitel in nostalgischen und mitreißenden Klangwelten schwelgen lässt. Exzellente Soundtechnik, die sich die Akustik der Arena zunutze macht, trägt die satte und wunderschön klingende Orchestrierung in das ganze Auditorium. Alleine durch die opulent gespielten Melodien entstehen überwältigende, emotionale Gänsehautmomente im Publikum: Die instrumentalen Suiten aus König der Löwen, Oben und allen voran Mulan rühren Groß und Klein, ganz ohne dass Gesang involviert wird. Sehr stimmungsvoll und dramatisch effektiv werden begleitend zu und synchron mit der Musik über einen XXL-LED-Bildschirm über der Bühne entsprechende Szenen aus den Originalfilmen in Montagen präsentiert. So entstehen Kino-ähnliche Momente, die keine Wünsche offen lassen. Die Bühnentechnik wartet ebenfalls mit einigen schönen visuellen Ideen auf, die sich stets bestens in die dargebotenen Songs integrieren: Fliegende, blasenähnliche Kugeln, die aus dem Film Wish entlehnt scheinen, Feuerfontänen bei Seid bereit oder wabernde Tentakeln bei Arme Seelen in Not sind einige Beispiele für gelungene Bilder dank der schönen Bühnentechnik. Auch die Lichttechnik erzeugt einprägsame Bühnenmomente und eine Menge Dramatik: Neben der klassischen immersiven Beleuchtungstechnik bei Arenakonzerten wird viel mit Spots und Lichtwechseln gearbeitet, die jedes Lied und die jeweiligen Solisten bestens in ein passendes Stimmungsbild setzen.

Obwohl es viele der beliebtesten Lieder und Filme aus 100 Jahren Disney nicht in den Abend geschafft haben und aus einigen Werken nicht die bekanntesten Gassenhauer präsentiert werden, zeigt sich die Songmischung facettenreich auf emotionaler sowie musikalischer Ebene. So schaffen es statt Hercules, Pocahontas und Die Schöne und das Biest in diesem Jahr Filme wie Verwünscht, Bärenbrüder oder Cinderella einen prominenteren Platz in der Setlist zu ergattern, was einerseits sicherlich polarisiert, aber andererseits einen unerwarteten, schönen Fokus auf die unbekannteren Stücke setzt. Zudem dominieren in diesem Jahr aus den bekannten Filmen tendenziell die dynamischeren Gruppennummern über die gefühlvollen Balladen, sodass beispielsweise Arielle die Meerjungfrau nicht durch In deiner Welt, sondern durch Unter dem Meer und Arme Seelen in Not repräsentiert wird.

Romina Langenhan und Lars Redlich führen sympathisch und kurzweilig durch den Abend und lassen den musikalischen Meisterwerken den ihnen gebührenden Raum, was im Vergleich zu etwas überpräsenten Moderatoren der letzten Jahre eine willkommene Neuerung ist. Dass beide auch gesanglich etwas zu bieten haben, ist ebenfalls eine schöne Abwechslung zu vorigen Disney in Concert-Formaten. An vielen Nummern nimmt das Duo virtuos teil und erweitert das in diesem Jahr vergleichsweise eher kleine Ensemble somit solide.

Die sechs Top-Solisten begeistern allesamt mit großer Präsenz und ziehen die gesamte Arena in ihren Bann. Patricia Meeden interpretiert Warten, dass ein Wunder kommt aus Encanto und Gott, deine Kinder aus Der Glöckner von Notre-Dame mit warmer Stimme und großer Emotionalität. Als originale Sprech- und Gesangsstimme der Hauptfigur aus Disneys neuestem Werk Wish interpretiert sie Ich hab diesen Wunsch am Ende des ersten Teils und wird durch ein überwältigendes Gruppenarrangement zum Finale des Songs vom Ensemble stimmlich noch weiter getragen als im Kinofilm, was einen der schönsten Momente des Abends darstellt. Judith Caspari zeigt sich schwelgerisch mit Ich hab ihn im Traum gesehen als ideale Cinderella und beweist sich fidel mit Wann fängt mein Leben an auch als vortreffliche Rapunzel. Dadurch, dass 20th Century Fox von der Walt Disney Company 2019 aufgekauft wurde, ist nun auch Anastasia zu einer Disney-Prinzessin aufgestiegen – obwohl der Musical-Animationsfilm seinerzeit explizit entstanden ist, um Disney Konkurrenz zu machen. Als große Überraschung durfte somit durch Caspari, die mit der Bühnenversion von Anastasia in der deutschsprachigen Erstaufführung ihren Musical-Durchbruch feierte, erstmals bei Disney in Concert in Form von Reise durch die Zeit auch die Romanov-Zarentochter stimmgewaltig erstrahlen: Ein weiterer Höhepunkt des Abends.

Andreas Bongard strahlt in den heiteren Songs der Setlist: Mit dem bekannten Hit Unter dem Meer, aber auch mit Ich bin unterwegs aus Bärenbrüder gelingen ihm wahre Showstopper. Gefühlvolle Duette sind in diesem Jahr außerdem sein Metier: Mit Caspari zusammen singt er bezaubernd Das ist das Glück aus Cinderella und Endlich sehe ich das Licht aus Rapunzel. Gino Emnes begeistert mit seinen energetischen Performances von Kleiner Freundschaftsdienst aus Aladdin und Das ist dafür der Dank aus Wish, beweist sich aber auch abermals als Sänger emotionaler Balladen. Mit  Der ewige Kreis und Die Glocken Notre Dames lässt er seine warme Stimme erstrahlen und erntet zurecht tosenden Beifall.

Als flamboyant-garstige Meereshexe Ursula gelingt Drew Sarich mit Arme Seelen in Not durch fantastische Präzenz und übergroße Stimme der vielleicht bemerkenswerteste Beitrag des Abends, doch auch als Bösewicht Scar mit Seid bereit begeistert er. Sarich brilliert in den Kontrasten: Als erster Musical-Quasimodo überhaupt trägt er hoch emotional Draußen vor und zeigt sich locker-flockig mit Du hast nen Freund in mir aus Toy Story. Auch Willemijn Verkaik zeigt sich ausgesprochen facettenreich: Ruhig und wehmütig singt sie Als mich jemand liebte aus Toy Story 2 und tritt kurz darauf rockig mit The Great Spirit aus Bärenbrüder auf. Am Ende des zweiten Teils reißt sie stimmlich in ihrer Paraderolle als Elsa gleich doppelt das Arenadach ein: Mit Zeige Dich aus Die Eiskönigin 2 gibt sie ein fulminantes Finale, dem sie als Zugabe des Abends mit Lass jetzt los die Krone aufsetzt und ein begeistertes Publikum in den Abend entlässt.

Disney in Concert ist jedes Jahr anders, hat stets im Vergleich zu den Vorjahren mal stärkere und mal schwächere Facetten vorzuweisen und gefällt daher nicht immer gleich, aber: Es ist ein dynamisches Konzertformat, das sich weiter entwickelt, sich neu denkt und dabei versucht, eine gute Mischung aus Evergreens und kleinen Perlen zu finden. Das gelingt zwar nicht immer vollumfänglich, aber ein Garant für große orchestrale und stimmliche Momente ist Disney in Concert allemal.

 
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CAST (AKTUELL)
SolistenAndreas Bongard
Judith Caspari
Gino Emnes
Patricia Meeden
Willemijn Verkaik
Drew Sarich
ModerationRomina Langenhan
Lars Redlich
  
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TERMINE
keine aktuellen Termine
 
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TERMINE (HISTORY)
Sa, 20.04.2024 20:00WT Energiesysteme Arena, RiesaPremiere
Di, 23.04.2024 20:00Olympiahalle, München
Mi, 24.04.2024 20:00Festhalle, Frankfurt am Main
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