Abla Alaoui © Saskia Allers
Abla Alaoui © Saskia Allers

"Ich fühle mich immer von Herausforderungen angezogen, egal welcher Art" - Abla Alaoui im Interview

Abla Alaoui feiert in diesem Jahr ihr 10. Jubiläum als Musicaldarstellerin. Zahlreiche bekannte Rollen hat sie bereits in Großproduktionen im deutschsprachigen Raum geprägt, darunter Sarah in “Tanz der Vampire”, Lotte in der Uraufführung von “Goethe!” in Bad Hersfeld, Mary Robert in “Sister Act” von Stage Entertainment, Ellen in “Miss Saigon” und Esmeralda in der österreichischen Erstaufführung von “Disney’s der Glöckner von Notre-Dame” der Vereinigten Bühnen Wien. Aktuell steht sie als Anna im Musical-Hit “Die Eiskönigin” in Hamburg auf der Bühne. Wir haben mit Abla über ihr aktuelles Engagement, ihren Werdegang und ihre Tätigkeit als Buchautorin gesprochen.

Liebe Abla, wir freuen uns, ein Interview mit dir führen zu dürfen! Gehen wir an den Anfang deiner Karriere: Wann war für dich klar, dass du Musicaldarstellerin werden möchtest und wie stand dein Umfeld dazu?

Abla als Sarah in “Tanz der Vampire” © Abla Alaoui

Mit 15 Jahren sang ich für das feste Musicalensemble an der ehemaligen Academy of Stage Arts in Oberursel vor. Ich hatte über die Freundin meiner großen Schwester von dieser Privatschule gehört und da mir Gesang, Tanz und Schauspiel schon immer Spaß machten, wollte ich herausfinden, wie es sich anfühlte diese drei Sparten miteinander zu verbinden. Was soll ich sagen? Es war Liebe auf den ersten Blick. Meine Mutter hat meine Leidenschaft immer unterstützt. Natürlich hatte sie Sorge, dass ich nicht von meinem Berufswunsch leben könnte. Auch das ist manchmal die Realität in unserem Business. Umso dankbarer bin ich für meine nun schon zehn Bühnenjahre.

Du feierst 2024 dein 10-jähriges Jubiläum als Musicaldarstellerin – dabei hast du schon während deiner Ausbildung auf der Bühne gestanden. Wie war diese Zeit für dich, kannst du uns ein bisschen davon erzählen?

Die Ausbildung an der Joop Van Den Ende Academy war kein Zuckerschlecken und doch irgendwie das Beste, was mir passieren konnte. Ich bin fast täglich an meine körperlichen und psychischen Grenzen gekommen. Tanztraining – Ballett, Jazz, Modern Jazz, Steppen – und Schauspielunterricht – allein und in der Gruppe – fordern extrem viel Ausdauer und Willenskraft. Aber egal wie anstrengend es war, ich wusste immer: Das ist es, was ich machen will. Und die “Joop” hat das Berufsleben so super in unseren Projekten widergespiegelt, dass ich während meines ersten Jobs nach der Ausbildung nie das Gefühl hatte, verloren oder überfordert zu sein. Die Stücke, die wir während der Ausbildung aufführten, haben uns auf alles vorbereitet. 

Welche Rollen würdest du als deine bisher prägendsten Rollen nennen? Und inwiefern haben sie dich und deinen Weg beeinflusst?

Mein erstes Engagement als Mary Robert in “Sister Act” hat mich gelehrt, wie tief man einen Charakter in sich aufnehmen kann und was Wahrhaftigkeit bedeutet. Unsere Regisseurin Carline Brouwer hat immer maximale Authentizität und Hingabe von uns verlangt und ihre Glaubenssätze begleiten mich mein Berufsleben lang.

Danach habe ich viele tolle Rollen gespielt und jede hat mir ein nächstes Kapitel in meinem Leben eröffnet. Etwas Besonderes war dann tatsächlich Ellen in “Miss Saigon”. Obwohl die Rolle nicht sonderlich groß ist, war sie mein Schritt raus aus dem ‘jungen’ Rollenfach. In den Momenten, die ich auf der Bühne hatte, musste ich emotional so hoch in die Handlung einsteigen, als wäre ich von Anfang an mit allen auf der Bühne gewesen. Das war neu und sehr lehrreich.

Auch Esmeralda in “Der Glöckner von Notre Dame” hat mich emotional extrem gefordert. Jeden Abend aufs Neue erst umjubelt, dann verurteilt, bespuckt und schlussendlich auf den Scheiterhaufen gestellt zu werden, hat mich viel Kraft gekostet. Es lehrte mich, wie wichtig es ist auf die eigene emotionale Gesundheit zu achten, wenn man ein Drama spielt. Und zu guter Letzt ist Anna in “Die Eiskönigin” ein Segen für mich und eine Herausforderung ganz eigener anderer Art. Anna ist der erste komödiantische Part, den ich spiele und ich lerne sehr viel über Timing, Energie und Impulse. Ich bin schon gespannt, was mir diese Einsichten in Zukunft bringen werden.

Abla Alaoui als Lotte in “Goethe!” © Abla Alaoui

Du warst auch schon als Schauspielerin vor der Kamera, für zahlreiche Werbespots, für “SOKO Hamburg” oder den Film “Elbkartell”. Wie unterscheidet sich diese Arbeit von der auf der Bühne? Was ist an der jeweiligen Arbeit für dich besonders reizvoll oder herausfordernd?

Schauspiel vor der Kamera ist viel intimer als die Arbeit auf der Bühne. Man sagt im Business: “Die Kamera verzeiht nichts.”  Auf dem Bildschirm sieht man sofort, wenn jemand nicht bei der Sache ist. In einem Saal mit 1.800 Menschen fällt es nicht auf, wenn man mal für fünf Sekunden abschweift. Dass sowas ab und zu passiert ist ganz normal, würde ich behaupten. Im Ensuite-Betrieb sind wir bis zu acht Mal in der Woche auf der Bühne und spielen das gleiche Stück, manchmal mehrere Jahre lang! Man hat Zeit sich Abend für Abend in die Rolle hineinzuarbeiten, denn jede Show bringt neue Impulse und Entwicklung. Vor der Kamera sind die Emotionen fokussierter und weniger offensiv. Wenn man mit der Energie, mit der man einen Saal füllen muss, auch vor der Kamera schauspielern würde, wäre das Schauspiel übertrieben und ‘overacted’. Man lässt im Musicalbühnen-Schauspiel die Emotionen ein Stück mehr Überhand nehmen als beim Kamera-Schauspiel. Ich finde beides sehr reizvoll, fühle mich aber auf der Bühne selbstbewusster, weil ich da sehr viel mehr Erfahrungen gesammelt habe. 

Abla Alaoui mit ihrem Roman “Bissle Spätzle, Habibi?” © Abla Alaoui

Musicaldarstellerin, Schauspielerin, Sängerin – und mittlerweile auch Buchautorin! Wie und in welcher Zeit in deinem Leben ist “Bissle Spätzle, Habibi?” entstanden?

Den Vertrag beim Verlag habe ich kurz vor meinem ersten Engagement nach der erzwungenen Corona-Pause unterschrieben. Das war 2021 und ich war in Bad Hersfeld für mein Engagement als Lotte in “Goethe!”. Dort habe ich begonnen und die Arbeit mit nach Wien in meine Zeit bei “Miss Saigon” genommen.

Hat das Buch etwas Autobiografisches? Wenn ja, was zum Beispiel steckt von deinem Leben in der Geschichte oder den Figuren?

Die Frage ist schwer zu beantworten, aber ich würde sagen: nein. Ich erzähle in meinem Buch aus dem Leben einer Muslima. Ich selbst bin keine Muslima. Da ich allerdings aus einer muslimischen Familie komme, kenne ich den Islam gut und fühle mich ihm nah genug, um aus der Perspektive einer Muslima erzählen zu können. Natürlich steckt im Buch – so wie auch in jeder Rolle, die ich spiele – viel von mir: mein Humor, Erinnerungen oder Teenager-Sorgen, die mich inspiriert und die es in diesen Roman geschafft haben. Es gibt ein Kapitel – eine der Rückblenden – das tatsächlich auf einem Erlebnis meiner Jugend basiert. In meinen Lesungen verrate als kleines Extra, um welches Kapitel es geht. Vielleicht macht es den einen oder anderen Lesenden des Interviews neugierig? Schickt mir gern eure Vermutungen!

Was bedeutet dir dein Erstlingswerk? Und werden noch weitere Bücher folgen?

Ich habe mein Leben lang Texte geschrieben und wollte sogar erst Schriftstellerin werden, bevor ich Musicaldarstellerin werden wollte. Ich habe an vielen Buchideen gearbeitet, es jedoch nie geschafft ein Projekt zu beenden. Es war immer ein Traum von mir ein Buch zu Ende zu schreiben und ein weiterer Traum es mit einem tollen Verlag zu veröffentlichen! Dass mir das gelungen ist, macht mich dankbar und auch ein wenig stolz. Ich möchte auf jeden Fall noch weitere Bücher schreiben, mache mir damit jedoch keinen Stress. Für mein nächstes Projekt habe ich schon viele Ideen und Textbrocken zusammengetragen. Bisher fehlte mir noch die Ruhe mich hinzusetzen und mit dem neuen Roman zu beginnen. Aber die Finger kribbeln schon!

Abla mit ihren Co-Stars Bob van de Weijdeven und Vic Anthony aus “Disney’s Die Eiskönigin” © Abla Alaoui

Stell dir vor, dass sämtliche Geschlechts-, Gender-, Alters-, und Typecasting-Grenzen nicht existieren würden. Gibt es Rollen in der Musical- oder Theaterwelt, die du, auch wenn es real vielleicht niemals möglich sein wird, gerne mal verkörpern würdest?

Da gibt es viele Rollen! Ich fühle mich immer von Herausforderungen angezogen, egal welcher Art. Eine große Herausforderung wäre zum Beispiel Alexander Hamilton. Die Bandbreite, Lebensspanne und textliche Komponente wären etwas, woran ich mich gern heranarbeiten würde. Und ich hätte unheimlich viel Spaß daran mich am Professor in “Tanz der Vampire” zu versuchen. Eine Rolle zu spielen, die so weit von mir entfernt ist, finde ich besonders spannend und ich würde alles dafür tun “Wahrheit” so schnell zu präsentieren, wie es die Welt noch nie gehört hat. “Jekyll & Hyde” wäre auch spannend. Je größer die Fallhöhe, desto besser…

Was ist dein Lieblings-Musical? Oder, anders gefragt: Welches Musical bewegt dich am meisten?

Mich bewegt zurzeit unter anderem “Hadestown”. Eine Geschichte zu erzählen, obwohl sie dazu verdammt ist zu scheitern, weil es ohne das fatale Ende auch nicht die schönen Momente – und Hoffnung – gegeben hätte, das berührt mich sehr.

Hast du Idole in der Musical-, Schauspiel- oder Musikwelt, zu denen du aufblickst oder bei denen du dich als ‘Fangirl’ bezeichnen würdest?

Abla mit Willemijn Verkaik © Abla Alaoui

Ich fangirle aktuell regelmäßig Willemijn Verkaik, weil sie mir als meine Kollegin und Schwester bei “Die Eiskönigin” so nah ist. Ihre Technik, Authentizität und Professionalität sind inspirierend, ihre ruhige und besonnene Art ein Segen für jede Cast! Natürlich fangirle ich noch sehr viele andere Kolleginnen und Kollegen, aber bevor ich nur einige wenige nenne, um den Rahmen des Interviews nicht zu sprengen, sage ich lieber folgendes: Unser Business ist voller hart arbeitender Menschen, die viel tun und aufgeben für ihre Leidenschaft und ihren Traum. Ich bewundere jeden einzelnen, der mutig genug ist die Mauern auf der Bühne zu senken und echte Emotionen für völlig fremde Menschen freizulegen, um sie zu berühren, sie zu unterhalten und vom Alltag abzulenken. Ich fangirle auch jeden anderen Menschen, der das “Endprodukt” Musical möglich macht.  Wie könnte ich anders, wo ich es so sehr liebe.

Was ist der schönste Moment für dich in deinem aktuellen Stück “Die Eiskönigin”? Gibt es eine Szene, die dir besonders gefällt oder dich besonders bewegt?

Jeder Tag, jede Show, jeder Mensch im Publikum und jeder Kollege und jede Kollegin bringen neue Lieblingsmomente mit sich. Deshalb stecken unendlich viele schöne Momente in meiner Arbeitszeit.

Besonders emotional werde ich beim Schwesternduett “Du bist alles” mit Willemijn. Das ist immer besonders intensiv. Das Ende unserer Show bringt einfach Disney-Feeling pur mit ‘Pipi in den Augen’- Garantie!

Abla als Anna in “Disney’s Die Eiskönigin” © Abla Alaoui

Was ist für dich ganz persönlich das Besondere an der Rolle der Anna? Auf was legst du besonderen Wert, wenn du sie Abend für Abend verkörperst?

Ich liebe Anna. Die positive und ehrliche Art, mit der sie in diese ihr völlig neue Welt hinausgeht, um ihre Schwester zu finden, ist bewundernswert. Egal wie aussichtslos eine Situation erscheinen mag, sie geht lösungsorientiert und optimistisch voran, und zieht dabei jeden mit, der bei drei nicht auf dem Baum ist. Ich versuche ihre quirlig naive Art so authentisch wie möglich darzustellen und ihr viel Freude und Energie zu geben. Sie ist in der Show die treibende Kraft. Das legt viel Verantwortung auf meine Schultern. Aber das Magische an der Rolle Anna ist, dass mir die Energie, die ich investiere, wieder zurückgegeben wird: von den Songs, die wir so lieben, vom Publikum und all meinen Kollegen und Kolleginnen. Ich gebe mein Bestes, die Geschichte jeden Abend neu zu erfinden und ehren.

Zum Schluss würde ich gerne noch eine kleine Entweder-Oder-Runde mit dir machen, damit unsere Leser noch etwas von dir Backstage kennenlernen. Deine Antwort markieren wir einfach! Falls du dich mal nicht entscheiden kannst oder möchtest, ist das natürlich kein Problem.

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Vielen Dank für deine Offenheit und das schöne Interview! Wir wünschen Dir alles Gute und hoffen, Dich demnächst mal wieder auf oder hinter der Bühne treffen zu können!

 
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